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Kommentar zur Selbstbescherung im Kreistag

Die Kreistagssitzung am 3.4.2017 war keine Sternstunde des Oberbergischen Kreistages. Unter dem  zunächst unverdächtig klingenden Tagesordnungspunkt 4 „Änderung der Hauptsatzung für den Oberbergischen Kreises“  genehmigte sich die Kreistagsmehrheit auf Kosten der Kommunen einen gewaltigen Schluck aus der Pulle.

Ab dem 1.1.2017 erhalten alle Ausschussvorsitzenden (bis auf die vom Gesetzgeber ausgeschlossenen Ausschüsse Kreisausschuss (hier hat der Landrat den Vorsitz) und Wahlprüfungsausschuss (dieser tagt nur sehr selten und sehr kurz), eine zusätzliche monatliche Aufwandsentschädigung von 442,10 €.

Pro Ausschussvorsitzender sind dies jährlich 5305,20 €; der Kreishaushalt wird zusätzlich jährlich mit 63.662,40 € belastet. Für den Kreis ist dies aber lediglich ein durchlaufender Posten; er reicht die Kosten an seine Kommunen weiter und diese an ihre Bürger z.B. durch Erhöhung von Hebesätzen. Den Letzten beißen bekanntlich die Hunde.

Zur Kreistagssitzung am 3.4.2017 hatte die grüne Kreistagsfraktion gefordert, bei der Umsetzung des „Landesgesetzes zur Stärkung des kommunalen Ehrenamtes“ (es ist am 1.1.2017 in Kraft getreten) von der Ausnahmeregelung nach § 31 KrO, Satz 2, Gebrauch zu machen und die Hauptsatzung des Oberbergischen Kreises rückwirkend zum 1.1.2017 dahingehend zu ändern, dass alle Ausschussvorsitzenden keine zusätzliche Aufwandsentschädigung erhalten. Gleiches hatte der Engelskirchener Rat am 16.2.2017 mit großer Mehrheit beschlossen. Dort werden aber lediglich 17.799,60  € jährlich eingespart (weniger Ausschüsse; die monatliche Aufwandsentschädigung beträgt dort 211,90 €).

Wer gehofft hatte, der Kreistag würde dem positiven Engelskirchener Beispiel folgen, wurde schnell eines Schlechteren belehrt. Im Vorfeld hatten sich CDU, FDP und „Oppositionsfraktion“ SPD mit Landrat Hagt abgestimmt. Wir nehmen alles, was das Landesgesetz zulässt, so ihre Devise. Kein einziger Ausschuss soll ausgenommen werden (dies lässt das Gesetz ausdrücklich zu), egal wie selten und kurz er tagt.

Im Bürgerinformationssystem des Oberbergischer Kreises kann man nachlesen, welche Auswirkungen dies jeweils hat. Dort sind alle Ausschüsse aufgelistet.

Unter http://session.obk.de/bi/gr0040.php  kann man sich selbst ein Bild machen, wie oft und wie lange der jeweilige Ausschuss in der Vergangenheit getagt hat.

Klickt man in der rechten Spalte auf „Sitzungen“, so erhält man einen Überblick über den jeweiligen Ausschuss inkl. der behandelten Tagesordnungspunkte. Bei einem Ausschuss, der nur nichtöffentlich tagt (Rechnungsprüfungsausschuss), erhält man Infos über die Häufigkeit und die jeweilige Dauer.

In dieser Kreistagsperiode (seit Mitte 2014) hat z.B. der Rechnungsprüfungsausschuss viermal getagt. Die Sitzungen dauerten 70 min, 65 min, 90 min, 54 min; also insgesamt 4 h 39 min.

Nach dem zwischen CDU, FDP und SPD mit Landrat Hagt ausgehandelten Deal, würde der Ausschussvorsitzende (er gehört zufällig der CDU an) für drei Jahre 15.915,60 € zusätzliche Aufwandsentschädigung für die großartige Tätigkeit des Moderierens erhalten (neben seiner monatlichen Aufwandsentschädigung als Kreistagsmitglied in Höhe von 442,10 €). Rechnet man den Stundenlohn aus, so kommt man auf satte 3.422, 62 €. Bei anderen Ausschüssen ist dies nicht ganz so extrem, aber immer noch unangemessen hoch.

Der Beschluss hat auch ganz kuriose Auswirkungen. Wird ein Ausschussvorsitzender z.B. vertreten (aus welchen Gründen auch immer), so erhält er weiterhin diese Zusatzzahlung und nicht etwa sein Vertreter. Ein Beispiel zur Erläuterung: Der damalige Vorsitzende des Kreisentwicklungsausschusses, CDU-Landtagskandidat Bodo Löttgen, ließ sich fünfmal hintereinander wegen wichtiger Termine vertreten (in 2013 bei allen vier Sitzungen). Wäre die Regelung schon damals in Kraft gewesen,  so hätte er fürs Nichtstun auch noch 5305,20 € in 2013 erhalten.

Größte Sorge von CDU, FDP und SPD war im Vorfeld natürlich, dass ihre „Nehmerqualitäten“ zu einer öffentlichen Debatte im Kreistag führen könnte und dies in Wahlkampfzeiten. In einem Schreiben an Landrat Hagt teilte die grüne Fraktion diesem am 29.3.2017 mit: „In unserer gestrigen Fraktionssitzung haben wir vereinbart, dass wir von uns aus nicht noch einmal die Aussprache zu diesem TOP suchen wollen. Im Kreisausschuss haben wir ja unsere Argumente zur Thematik dargelegt.   

Sollte aber von Ihrer Seite oder von einem Kreistagsmitglied etwas zur Rechtfertigung der zusätzlichen Aufwandsendschädigung für Ausschussvorsitzende gesagt werden, so steigen wir selbstverständlich in die Debatte ein.“

Es war klar, dass trotz dieser Provokation keiner der Befürworter der Selbstbescherung das Wort im Kreistag wünschte. Bei der Abstimmung über den grünen Antrag gab es zusätzliche Zustimmung nur noch von der anwesenden Vertreterin der Linken; besonders peinlich: selbst Engelskirchener Kreistagsmitglieder von CDU und SPD, die am 16.2.2017 im Engelskirchener Rat die zusätzliche Aufwandsentschädigung noch abgelehnt hatten, wollten jetzt davon nichts mehr wissen.

Für Rückfragen
Helmut Schäfer
Sprecher der Kreistagsfraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Oberberg

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