Menü

Stellungnahme der Kreistagsfraktion zum Haushaltsplan 2008

Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Damen und Herren,als der Haushaltsplanentwurf von Landrat und Kämmerer in der Dezembersitzung des Kreistages vorgestellt wurde, brachte dieser kaum Überraschungen.

Kein neuer Akzent war erkennbar, wir machen weiter so wie bisher, das war die Devise. Von unserer Fraktion seit Jahren eingeforderte Konsolidierungsmaßnahmen fehlten ebenso wie eine konsequente Neufestsetzung von Prioritäten angesichts der bevorstehenden demografischen Veränderungen in den nächsten Jahren. Besonders enttäuscht waren wir jedoch nicht, wir hatten schließlich nichts anderes erwartet.

Doch während der Haushaltsberatungen passierte dann doch Überraschendes. Wir hatten gerade in der Fraktion frustriert den Einzelplan 4 abgearbeitet und die seit Jahren dramatisch anwachsenden Kosten bei der Heimunterbringung von Jugendlichen zur Kenntnis nehmen müssen. In der Fraktion fiel uns dabei nichts Besseres ein als zu beschließen, den neuen Leiter des Jugendamtes einzuladen, um zu eruieren, ob nicht doch in der Kreisverwaltung die Einsicht wächst, dass man im Jugendbereich aktiv werden müsse und der Prävention endlich absolute Priorität gegenüber kaum noch bezahlbaren Nachsorge einräumen solle. Mit dieser Forderung waren wir seit Jahren bei der Kreistagsmehrheit und der Kreisverwaltung abgeblitzt. Jahr für Jahr forderten wir vergeblich in unseren Haushaltsreden ein Umdenken. Erstmals konnte man vor der Haushaltsverabschiedung in 2006 eine vorsichtige Kurskorrektur vernahmen. Damals war in der Nordkreispresse zu lesen, die CDU beabsichtige, die hohen Kosten der Heimunterbringung von Jugendlichen zum Anlass zu nehmen, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die Lösungsvorschläge zur Senkung der Kosten erarbeiten soll. Ich zitiere aus unserer damaligen Stellungnahme zum Haushalt: „Wir können die CDU hierzu nur sehr ermuntern.

Vielleicht setzt sich dann auch bei Ihnen die Erkenntnis durch, die im Sozialbereich genauso wie im Umweltbereich ihre Gültigkeit besitzt. Vorsorge ist auch ökonomisch den kaum noch bezahlbaren Nachsorgeprogrammen eindeutig vorzuziehen. Wenn Sie bereit sind, im Vorsorgebereich bei Bedarf auch neue Stellen einzurichten, dann werden wir Sie gerne hierbei unterstützen.“
Arbeitsgruppen einrichten, ist eine Sache; Ergebnisse erarbeiten und umsetzen ist eine andere. Wir waren deshalb sehr überrascht, dass noch vor unserem Gespräch mit dem neuen Jugendamtsleiter in der Presse zu lesen war, die Kreis - CDU setze zukünftig auf Prävention. OVZ - Überschrift vom 26.1.08 „Super Nanny statt Heimeinweisung – Kreis - CDU: Mit Prävention Stellen schaffen, Geld sparen und die Jugendarbeit verbessern.“. Herr Biesenbach, der für den Stillstand der Vergangenheit maßgeblich mitverantwortlich ist, wurde gar zitiert mit dem Satz: „Prävention statt Reparatur – das rechnet sich für alle“. Dieser Ausspruch hätte von uns sein können. Unserer Fraktion war klar, dass die CDU angesichts dieser öffentlichen Äußerungen keinen Rückzieher mehr machen konnte. Wir unterstützen das neue Konzept der Kreisverwaltung nachdrücklich und nehmen dabei gerne in Kauf, dass die CDU - nahe Presse am 18.2. zu unserer Pressemitteilung zum Haushalt schrieb: „Grünes Licht für CDU-Konzept zur Prävention“. Wir hätten auch kein Problem damit, wenn die Presse zukünftig schreibt: „Grüne unterstützen CDU beim Abbau von Hierarchiestufen in der Kreisverwaltung“ oder bei der Umsetzung einer von der CDU angeschobenen Klimaschutzoffensive Oberberg oder beim sofortigen Wiedereintritt ins Klimabündnis. Mit solchen Schlagzeilen haben wir keine Probleme; Hauptsache es passiert endlich etwas.

Doch mit den Reformen beim Jugendamt, die insbesondere mit dem Personalwechsel an der Spitze des Amtes verbunden sind, ist Schluss mit der Reformbereitschaft. Von der längst überfälligen Verwaltungsstrukturreform ist weit und breit nichts zu sehen. In den letzten Jahren wurden die Reformen in der Kreisverwaltung nicht nur von den Oppositionsfraktionen im Kreistag gefordert, sondern ebenso vehement von den Bürgermeistern (Positionspapier)
sowie vom Gemeindeprüfungsamt. Bewirkt hat der berechtigte Protest bis heute nichts. Die Verwaltungsspitze gibt sich beratungsresistent und hält starrsinnig an überholten Verwaltungsstrukturen fest. Wir akzeptieren nicht, dass seit Jahren in der Kreisverwaltung nur im „Unterbau“ Stellen abgebaut werden, bestehende überholte Verwaltungsstrukturen jedoch verfestigt werden und die Verwaltungsspitze von Personaleinsparungen grundsätzlich ausgenommen wird. Als einzige Fraktion haben wir in der Vergangenheit das planlose Streichen von Stellen nicht mitgetragen. Aus unserer Sicht sollte es nicht darum gehen, möglichst viele Stellen abzubauen, sondern das Ziel sollte sein, die Personalkosten wirksam zu begrenzen. An dieser Position hat sich nichts geändert. Deshalb fordern wir den Landrat auf, endlich aktiv zu werden und Schritte zu einer umfassenden Verwaltungsreform einzuleiten, die auch den Abbau von Hierarchiestufen vorsieht. Leider gibt es bis heute hierzu keinerlei Initiative und wir richten uns darauf ein, dass vor den Kommunalwahlen im nächsten Jahr sich diesbezüglich nichts bewegen wird.

Dabei könnten die Reformen im Jugendbereich, wo man erfreulich offen auch Fehler der Vergangenheit eingesteht, Vorbildfunktion für andere Bereiche haben. Das Prinzip „Vorsorge statt Nachsorge“ sollte auch für alle anderen Politikfelder gelten. Gerade im Umweltbereich hat sich das Prinzip der Umweltvorsorge bestens bewährt; technokratische Umweltnachsorge ist zudem kaum noch finanzierbar. Zwar wird unser Antrag, eine umfassende Klimaschutzoffensive für Oberberg zu starten vom Kreistag im Grundsatz begrüßt und zur weiteren Beratung an den Umweltausschuss verwiesen. Dort ist dann Schluss mit der Herrlichkeit; der Maßnahmenkatalog sei viel zu umfangreich, so die Mehrheit aus CDU/FDP; außerdem sei die Kreisverwaltung bereits auf einem guten Weg. Doch was diese bis heute vorzuweisen hat, ist mehr als dürftig. In der Regel sind es Initiativen anderer, die als Klimaschutzaktivitäten angeführt werden; dem Kreistag schlägt die Verwaltungsspitze vor, man möge sich doch auf ein CO2-Minderungsziel von einem Prozent jährlich verständigen. Angesichts der dramatischen Klimaveränderungen, die heute wohl niemand mehr abstreitet, ein vollkommen unambitioniertes Ziel. Deutlich höhere jährliche CO2-Reduktionen könnten allein durch ein verändertes Nutzerverhalten erreicht werden. Hier unterbreiten wir seit Jahren unsere Vorschläge z.B. zur Schaffung spezieller Anreizsysteme, die sich in vielen Kommunen bewährt haben. Sie könnten z.B. in den Schulen des Kreises sinnvolle pädagogische Ziele (Umweltbildung) hervorragend mit angestrebten ökologischen und ökonomischen Zielen verbinden. Wie man am sinnvollsten Klimaschutz vor Ort praktizieren kann, dies zeigen besonders vorbildlich viele Mitgliedskommunen des Klimabündnisses. An ihren Aktivitäten kann man aufzeigen: Klimaschutz rechnet sich! In Energieeinsparung zu investieren, rechnet sich für die Umwelt und die Kreisfinanzen. Wer behauptet für Klimaschutz sei kein Geld da, zeigt, dass er weder die ökologischen noch die ökonomischenZusammenhänge begriffen hat. Angesichts der dramatischen Haushaltslage ist weitere Energieverschwendung nicht zu verantworten.

Zum weltweiten Klimabündnis „Allianza del Clima“ gehörte bis zum letzten Jahr auch der Oberbergische Kreis. Doch das ist Vergangenheit. Eigenmächtig hatte der Landrat im Oktober vorletzten Jahres die Mitgliedschaft des Kreises im Klimabündnis gekündigt; abgesegnet wurde diese Kompetenzüberschreitung nachträglich von der Kreistagsmehrheit – angeblich aus Kostengründen. Bei den diesjährigen Haushaltsberatungen bestand Gelegenheit zur Korrektur dieser Fehlentscheidung. Doch davon wollen CDU und FDP nichts wissen. Um sich nicht völlig lächerlich zu machen, wurde das Kostenargument diesmal erst gar nicht bemüht. Schließlich hatte unsere Fraktion eine Reihe von kleineren Sparmaßnahmen vorgeschlagen, die als Gegenfinanzierung hätten dienen können. So kann man sich wirklich die Frage stellen, ob es die Aufgabe des Kreises ist, die Jugendorganisationen von einigen Parteien zu sponsern und dann auch noch nach einem Schlüssel, der der Jungen
Union ca. die Hälfte des bereitgestellten Geldes (1.790 €) zukommen lässt. Um es deutlich zu sagen: Für unsere Fraktion hat die Mitgliedschaft des Kreises im Klimabündnis einen wesentlich höheren Stellenwert als das Sponsern von Fahrten der Jungen Union ins Phantasialand.
Ähnlich inkonsequent wie beim Klimaschutz verhält sich die Kreistagsmehrheit in anderen relevanten Politikbereichen. Verbal werden die Konsequenzen des demografischen Wandels zwar zur Kenntnis genommen, ein Demografieforum wird eingerichtet, doch Konsequenzen aus den gesicherten Erkenntnissen werden nicht gezogen. „Oberbergs Bevölkerung wird zunächst bunter, älter – und später auch weniger. Es gilt, den Wandel zu gestalten.“ So heißt es in einer der Hochglanzbroschüren der Kreisverwaltung. Doch wie reagiert der Kreis auf den demografischen Wandel? Wenn z.B. die Zahl der älteren Menschen zunimmt und wir diesen auch im Alter ein bestimmtes Maß an Mobilität zugestehen wollen, so müssen wir frühzeitig handeln und den ÖPNV stärken. Doch das Gegenteil wird seit Jahren praktiziert.

Da wird mehr Geld für die Erstellung eines teuren Nahverkehrsplans ausgegeben als man nachher für seine Umsetzung bereitstellt. Dies ist Verschwendung öffentlicher Gelder. Unsere Forderung, die Mittel für den NVP auf den früheren Ansatz von 250.000 € zu erhöhen (ursprünglich lag der Haushaltsansatz mal bei einer Mio. DM), beantwortet die Verwaltung mit einem Veränderungsnachweis, der die Alibihaushaltsposition „Umsetzung des Nahverkehrsplans“ von 50.000 € noch einmal um 10.000 € reduziert. Dann sollte man auch so konsequent sein und die Mittel für die Umsetzung des NVP ganz streichen.
Einem Haushaltsplan, der bis auf die Veränderungen bei der Jugendarbeit keine Fortschritte enthält, verweigern wir unsere Zustimmung.
Zum Schluss noch eine kleine Anmerkung zum Ritual der alljährlichen Haushaltsberatungen. Auch dieses Ritual halten wir für überdenkenswert. Wie überflüssig z.B. der Finanzausschuss ist, zeigte seine letzte Sitzung am 25.2. Oberste Aufgabe dieses Ausschusses ist eigentlich die Vorberatung des gesamten Kreishaushaltes. Auf Antrag der SPD-Fraktion wurde der TOP „Haushaltsberatung“ mit Zustimmung aller Fraktionen von der TO abgesetzt und auf den Kreisausschuss verschoben. Dort war dann die inhaltliche Beratung des Haushaltes in kurzer Zeit abgewickelt. Dies zeigt, wie berechtigt unsere Forderung zu Beginn der Kreistagsperiode war, auf die Einrichtung von Personal- und Finanzausschuss zu verzichten und ihre Aufgaben dem Kreisausschuss zu übertragen (in den Kommunen ist dies längst die Regel). Hinsichtlich der Forderung nach Auflösung des Personalausschusses hat sich die Mehrheit in der CDU-Fraktion vor einem Jahr schon unserer Argumentation angeschlossen, obwohl ihr Vorsitzender, Herr Biesenbach, mächtig für die Beibehaltung dieses „sehr wichtigen Ausschusses“ kämpfte. Vielleicht können wir schon bald in der OVZ lesen: Grüne unterstützen CDU-Forderung nach Auflösung des Finanzausschusses.

Helmut Schäfer Fraktionssprecher

zurück

GRUENE.DE News

<![CDATA[Neues]]>